Project Carbdown - Kurzüberblick (DE)

Das Carbdown-Feld in Fürth

Das Carbdown-Feld in Fürth

Einleitung

Laut dem aktuellen Bericht des Weltklimarats IPCC steuert die Erde auf eine +3°-Welt zu. Dies wird zu erheblichen Problemen für die Menschheit und weltweit einer Zunahme umweltbezogener Schäden führen. Im Jahr 2021 haben wir dies auch in Deutschland erlebt. Die britische Wochenzeitung “The Economist” titelt „No safe place“. Der Klimawandel kommt nicht irgendwann, er ist schon hier. Wir müssen handeln!

Die wissenschaftlich bewiesene Wahrheit ist: Die Erdtemperatur ist direkt an die CO₂-Menge in der Atmosphäre gekoppelt. Steigt der CO₂-Anteil, wird es wärmer. Bleibt der Anteil gleich, bleibt die Temperatur wie sie ist. Erst wenn der Anteil sinkt, dann sinkt auch die Temperatur.

Beim Thema Klimaschutz denken die meisten Menschen reflexartig daran, dass wir weniger CO₂ produzieren müssen, indem wir zum Beispiel Solar und Wind, statt Gas und Kohle zur Energieerzeugung verwenden oder E-Autos fahren. Und das stimmt ja auch: Um die katastrophalen Auswirkungen des vom Menschen verursachten Klimawandels auf die Biosphäre und auch auf uns Menschen zu verhindern, müssen wir in längstens 20-50 Jahren aufgehört haben, Kohle, Öl und Gas aus der Erde zu holen und zu verbrennen.

Aber das ist nur die halbe Wahrheit

Es ist nicht damit getan, alle Vorgänge zu stoppen, die weiteres CO₂ ausstoßen. Darüber hinaus ist das Herausfiltern von CO₂ aus Luft und Meer erforderlich - und das in gigantischen Dimensionen. Dafür gibt es zwei Gründe:

  1. Es gibt Vorgänge, bei denen wir auch im Jahr 2050 einen CO₂-Ausstoß nicht vermeiden können und die wir ausgleichen müssen, um die “Netto-Null” zu erreichen. 

  2. Es ist schon zu viel CO₂ in der Atmosphäre, wir müssen das Kohlendioxid wieder aus der Luft holen.

Viele Organisationen versuchen bereits mit sogenannten “Offsets” (CO₂-Ausgleich, z.B. mit Zertifikaten) ihre Klimabilanz in Richtung Neutralität zu bewegen, aber was bisher den meisten Menschen nicht klar ist: Bei 95% der heute verfügbaren Offsets wird kein CO₂ aus der Atmosphäre gezogen, in den meisten Fällen ist in der Summe sogar am Ende mehr CO₂ in der Luft als vorher (“ich bezahle jemand anders dafür, dass er nicht emittiert, damit ich emittieren darf”).

Als “negative Emissionen” bezeichnen wir dagegen Prozesse, die tatsächlich CO₂ aus der Atmosphäre filtern und langfristig speichern. Der Weltklimarat IPCC rechnet in den aktuellen Berichten vor, dass wir bis zum Jahr 2050 etwa 10 Gigatonnen CO₂ pro Jahr aus der Atmosphäre holen müssen, um die Erwärmung zu stoppen. 

Das Problem: Die bisher größte Anlage der Welt, die Orca-Anlage, die die Firma Climeworks (die “Carbon Drawdown Initiative” ist  dort Investor) vor zwei Wochen in Island in Betrieb genommen hat, schafft nur 4.000 Tonnen pro Jahr. Da fehlt also noch der Faktor 2.500.000 auf die 10 Gigatonnen, die durch bessere Technologie, mehr Anlagen und noch weitere Methoden erreicht werden müssen.

Für die negativen Emissionen entsteht gerade eine völlig neue Branche, die sich in ähnlicher Geschwindigkeit wie das Internet entwickeln muss, um die oben genannte Skalierung zu erreichen. Fachleute ziehen den Vergleich zum Apollo-Projekt in den 60er-Jahren, nur mit globalem Maßstab. Und, zur Erinnerung, gleichzeitig müssen die Neu-Emissionen auch noch um 80-90% sinken. Wir kämpfen also an zwei Fronten.

Was nach einer nahezu unmöglichen Herausforderung aussieht, scheint aber machbar. Das ist die Meinung der Wissenschaftler. Diese sagen aber auch, dass wir nicht nur auf eine einzige Technologie bzw. ein Verfahren setzen dürfen! Nur wenn wir alle verfügbaren Mittel einsetzen, könnte es reichen.

Project Carbdown

Bei Project Carbdown fokussieren wir uns auf das Verfahren der beschleunigten Verwitterung. Es gibt Gesteine wie Basalt oder Olivin, die beim Kontakt mit der Luft spontan mit dem enthaltenen CO₂ reagieren. Es entstehen harmlose Carbonate, die das CO₂ für tausende von Jahren fixieren. 

Das Ziel unseres Experiments ist die Messung dieser Verwitterung beim Einsatz auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. Dafür haben wir zusammen mit einem Team aus renommierten Wissenschaftlern einen vernetztes Konzept von Experimenten auf Ackerflächen (in Fürth, Larissa/Griechenland, Bremerhaven und Wageningen/Holland) und in Labors in Wageningen und Hamburg aufgesetzt. Es werden überall die gleichen Messverfahren, Materialien und Test-Strategien angewendet, sodass wir aus der Kombination der Ergebnisse tiefergehende Erkenntnisse ziehen können.

Das besondere an unserem Projekt ist, dass es von Firmen und Privatpersonen finanziert wird, und somit viel schneller in die Umsetzung gehen konnte, als dies im normalen Forschungsbetrieb mit öffentlichen Geldern und Verfahren möglich gewesen wäre. Gerade aufgrund der oben geschilderten knappen Zeit war es Ralph Koczwara und Dirk Paessler als Geldgeber wichtig, mit eigenem Einsatz für eine beschleunigte Forschung zu sorgen. So wird das Projekt u.a. unterstützt von den Fürther/Nürnberger Firmen Carbon Drawdown Initiative GmbH, Fieldcode GmbH, Paessler AG und Hemmersbach GmbH & Co KG sowie einigen Freelancern, die zu Sonderkonditionen mithelfen. Viele beteiligte Wissenschaftler arbeiten sogar ehrenamtlich an dem Projekt mit.

Was passiert auf dem Feld in Fürth?

Auf dem Feld in Fürth haben wir drei Bereiche abgegrenzt. Auf einem Bereich wurde nur die Blumenwiese angesät, das ist unser “Kontrollfeld”. Auf den anderen beiden Bereichen wurden vor der Saat 1,5 Tonnen Basalt-Gesteinsmehl verteilt und auf dem dritten Feld Basalt-Gesteinsmehl mit “Biochar” (Pflanzenkohle) ergänzt. Danach wurden in die Felder wissenschaftliche Instrumente im Wert von über €100.000 eingegraben, mit denen wir u.a. seit April zweiwöchentlich Wasserproben aus dem Boden entnehmen, um sie im Labor untersuchen zu lassen. Auf den vier Feldern an den anderen Standorten gehen wir genauso vor.

Die Aufgabe ist nun, mit den erhobenen Daten den Fortschritt der Verwitterung des Basalts im Acker nachzuweisen, was ein bis zwei Jahre dauern wird. Denn auch wenn wir durch das Mahlen des Gesteins die Reaktionsoberfläche des Basalts vergrößert haben, der Vorgang dauert einfach “seine Zeit”.

Unsere Fachleute erwarten, dass wir pro Hektar Ackerfläche eine CO₂-Bindung von ca. 100-500 kg pro Hektar pro Jahr messen werden (0,5-2%/Jahr von 40t bei 30-50% Potential). Alle fünf Jahre könnte der Acker also 1/2 Tonne bis zwei Tonnen CO₂ einsammeln. Sobald man dies genauer messen kann, wird man mit ergänzenden Experimenten nach weiteren Wegen suchen, diese Sammel-Geschwindigkeit noch zu steigern, z.B. durch unterschiedliche Böden, Pflanzen, usw.

Es ist noch ein weiter Weg

Die Branche der “negativen Emissionen” steht noch sehr am Anfang. In einigen Bereichen ist die Wissenschaft - wie auf unserem Klimaacker in Fürth - noch bei der Grundlagen-Forschung. Der Weg zu klima-relevanten Dimensionen ist für alle Methoden noch weit, aber es gibt keine Alternative.

Das 1,5°-Ziel können wir uns inzwischen abschminken. Damit es wenigstens mit dem 2°-Ziel etwas wird müssen wir mit immensen Anstrengungen an der Reduktion der Emissionen und an negativen Emissionen arbeiten.

Wir sind schon dabei! Wir brauchen alle Unterstützung, die wir bekommen können.

Beteiligte Unternehmen aus der Region Nürnberg/Fürth:

  • Carbon Drawdown Initiative GmbH

  • Fieldcode GmbH

  • Paessler AG

  • Hemmersbach GmbH & Co KG

  • Rosa Kuh GmbH & Co KG

Beteiligte wissenschaftliche Organisationen: 

  • Alfred Wegener Institut (Bremerhaven), Prof. Dr. Jelle Bijma 

  • Universität Hamburg, Prof. Dr. Jens Hartmann

  • Universität Wageningen (Holland), Dr. Mathilde Hagens

Dirk Paessler